Ich habe gestern meinen ersten Halbmarathon erlebt (als Zuschauerin) und stellte fest: das ist viel anstrengender, als ich gedacht hatte (das Zuschauen; das Laufen stelle ich mir ganz genau so anstrengend vor wie es auch tatsächlich ist)!
Der beste Chef der Welt hatte zusammen mit den besten Mitbewohnern der Welt im vergangenen Jahr bierseelig beschlossen, sich zum Berlin Marathon 2013 anzumelden. Also zum richtigen Marathon, nicht nur die Hälfte. Gesagt getan. Nicht ganz unvernünftig war dann der Gedanke das Ganze beim Halbmarathon erstmal zu üben. Und wie sich herausstellte, war diese Übung auch für die Zuschauerfraktion nicht schlecht.
Elly und ich hatten uns das sehr entspannt vorgestellt. Die Jungs laufen, wir jubeln ein bisschen und trinken Kaffee und genießen den Sonntag.
Am Samstag abend fiel mir ein, dass ein paar lustige Anfeuerungsplakate nicht schlecht wären. Schon allein, damit die Jungs uns auch am Straßenrand entdecken.
Dann musste die Strecke studiert werden um die idealen Anfeuerungspunkte zu finden. Es wurde eine wilde Berechnung angestellt um in einer vorgegebenen Zeit möglichst viele Anlaufstellen möglichst stressfrei zu erreichen. Das ganze unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kilometerzeiten der Jungs (bisher, sozusagen im freien Trainig) und der Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel. Beides konnte nur grob geschätzt werden und die ganze Berechnung stand somit auf mehr als wackeligen Füßen. Zumal ich nicht einkalkuliert hatte, dass man während eines Marathons – selbst wenn es nur ein halber ist – die Straßen (= Marathonstrecke) nicht mal eben so überqueren kann um in der vorher berechneten Zeit den nächsten U-Bahnhof zu erreichen.
Wir Zuschauerinnen kamen also pünktlich zum Start in der Karl-Marx-Allee an und stellten fest, dass 30.000 Menschen ganz schön viele sind und dass es problematisch werden könnte in der Menschenmenge drei ganz bestimmte Läufer zu entdecken. Zumal die drei auch nicht unbedingt größer als der Durschnitt sind und somit die anderen Läufer auch nicht überragen. Eher im Gegenteil. Komischerweise haben die Jungs uns dann kurz nach dem Start entdeckt und auf sich aufmerksam gemacht.
Der nächste, sorgfältig berechnete, Jubelpunkt sollte der Ernst-Reuter-Platz sein. Für die Strecke vom Alexanderplatz dorthin hatten wir ca. 40 Minuten Zeit, das sollte eigentlich zu schaffen sein. Eine erste Verzögerung ergab sich durch den bereits erwähnten Umstand, dass der U-Bahnhof nicht in Ideallinie zu erreichen war. Die ganze schöne Planung wurde dann später durch einen Schaden am Zug über den Haufen geworfen. Die Läufer wären vor uns dort gewesen. Eine spontane Planänderung: wir fahren stattdessen zum Ku’damm. Lag auf dem Weg und wir hatten plötzlich noch 30 Minuten Zeit, die wir mit Kaffeetrinken verbringen wollten. Leider war das Kaffee-Geschäft in unmittelbarer Nähe zum ausgesuchten Standort nicht auf die Laufkundschaft (!) eingestellt und hatte noch gar nicht offen. Wenigstens schien endlich mal die Sonne!
Da standen wir also auf dem Mittelstreifen und starrten Läufer an. Viele Läufer. Und suchten drei bestimmte, von denen wir nicht genau wussten, wann sie denn vorbeikommen würden. Da sieht man dann (ca. bei Kilometer 13) entspannte Leute, glückliche Leute, sportlich aussehende Leute und auch solche, denen man das erreichen des Ziels gar nicht zutraut. Eigentlich hätte ich einigen von den Läufern nicht zugetraut Kilometer 13 zu erreichen. Kurzzeitig dachte ich so bei mir “na wenn die das können, dann kann ich das doch mit Sicherheit auch”. Gottseidank fiel mir gleich wieder ein, dass mir Laufen gar keinen Spaß macht.
Überraschenderweise haben wir zwischen den ganzen Leuten tatsächlich zwei der Jungs entdeckt. Und sie uns auch. Tatsächlich haben wir es dann auch geschafft die beiden bei Kilometer 19 nochmal zu sehen.
Das Ziel haben die Jungs dann vor uns erreicht, aber da wir Ihnen Bier versprochen hatten waren wir diesmal sicher, dass sie uns finden würden! Merkwürdigerweise hatte der Chef im Ziel kein “Runners High” sondern ärgerte sich erstmal darüber, dass er irgendeine Fantasie-Zielzeit um 3 Minuten verpasst hatte. Das hat sich dann aber gegeben und am Ende waren alle drei (zurecht) stolz wie Bolle. Allerdings ist ihnen dann irgendwann eingefallen, dass die Strecke, die sie im September laufen wollen, ziemlich genau doppelt so lang ist…
Und für alle, die beim Titel des Artikels auf Loriot gehofft hatten, kommt hier Loriot:
Ich hatte geplant zum großen Marathon mitzukommen, aber bei dem Stress muß ich mir das noch einmal überlegen.
Mum
Bis dahin bin ich der absolute Profi-Zuschauer. Die Jungs haben sich auch zum Potsdam-Halbmarathon angemeldet, so dass ich nochmal üben kann… Du kannst dann von meiner Expertise profitieren!